Der Saisonstart des U20 Slams im Dschungel Wien am 20. Oktober war wie gewohnt furios. Schon vor der eigentlichen Veranstaltung gab es den traditionellen schreib‘ KLASSE! Workshop, geleitet von Adina Wilcke und Annalena Schuh. Diese und jene, wie sie sich selbst betitelten, führten auch durch den Abend und gaben ihre Moderationsfähigkeiten zum Besten. Doch anders als gewohnt war diesmal keine Theaterbühne der Schauplatz dieses Dichterwettstreits, sondern das Foyer und gleichzeitig das Café des Dschungel Wien. Ein U20 Slam mit Bar und Verpflegung? Wo kann ich unterschreiben? Das hat sich auch unser Publikum gedacht – das Foyer war nämlich komplett voll. Dies war unter anderem auch zwei Schulklassen, die uns besucht haben, zu verdanken. Nachdem das Moderationsteam das Publikum begrüßt und Gabo als unser Feature sie etwas aufgewärmt hat, wurde endlich in den offiziellen Bewerb gestartet.
VORRUNDE:
Alex. Hat am Workshop teilgenommen. Jetzt ist sie wütend auf die Person, die ihr alles genommen hat, ihre Zeit, ihre Liebe, ihr Herz und ihre Kette. Wenn Heilung weniger schmerzen würde, wäre sie wohl so weit, sich all das zurückzuholen, aber noch nicht.
Niklas. Ist neu in Wien. Hier kann er sich endlich entfalten, endlich er selbst sein. Niemand schaut ihn mehr für seine lackierten Fingernägel an. Es ist okay, Angst vor Veränderungen zu haben, doch manchmal können sie neue Chancen bringen.
Annika. Ein kürzeres Gedicht über einen Kirschenbaum und das dazugehörige Mädchen. Die Umwelt führt letztlich zum Ende des Baums.
Naima. Ruhig und besonnen. Kennt wirklich viele Formen von Sitzen. Wenn sie so zusammen-sitzen, hat sie das Gefühl, ihr gegenüber will sie letztendlich doch nur be-sitzen. Zeit für einen Sitzstreik.
Loui. Hat den Text für eine Freundin geschrieben und doch ist er an das „Ich” gerichtet. Vom Selbsthass im Spiegel, der jede Unperfektheit erkennt, zu einem liebevollen Dialog, dass Ich sich mal auf die Schulter klopfen kann. Ich und ich schaffen das schon.
Ash. War ebenfalls vor dem Slam in der schreib’ Klasse! Wie kann man alleine unter bekannten Gesichtern sein? Und falschem Lachen trauen? Doch selbst Stille wird mit all den Stimmen zu laut, um sie auszuhalten.
Sophie. Zeigt uns, dass auch Slamtexte Refrains haben können! Es geht um Overthinking. Der Leistungsdruck, den andere ihr aufbürden, ist manchmal so groß, dass man ihm kaum gerecht werden kann. Wieso darf sie sich nicht ihre eigenen Ziele setzen?
Nach dieser großartigen Vorrunde wählte unser Publikum drei Poetinnen in das Finale. Naima, Loui und Sophie konnten mit ihren Texten überzeugen und durften sofort ein zweites Mal auftreten! Im Finale wurde statt mit Punktetafeln mit Applaus gewertet, damit das Publikum die Beiträge im Kopf behält, wurde nach jedem Beitrag ein Stichwort eingeholt.
FINALE (OooOh):
Sophie. Was passiert nach dem Tod? Für diese doch existentielle Frage wird hier die klassische Gotteslösung gewählt, denn dieser ist in ihren Augen allgegenwärtig. Vielleicht ist die Antwort viel einfacher, als sie manch einer macht.
Stichwort: Himmelblau
Loui. Alles, was sie sieht, ist rot. Der Anblick der roten Möbel versetzt sie zurück, wie alles begann. Schon das erste Lächeln hätte verräterisch sein müssen, doch jetzt sind wir an diesen Punkt gekommen, wo ich für dich sterbe.
Stichwort: Alles rot
Naima. Spricht vom Apfelsaft nach dem Zähneputzen. Die Nacht mit dir fühlt sich nach einem ewigen Sommer an. Wir haben vom ewigen Sommer geträumt, jetzt träum’ ich alleine von dir.
Stichwort: Apfelsaft
Als der donnernde Applaus letztendlich verstummte, wurde Naima zur Siegerin des Publikums erklärt. Doch das war nur das i-Tüpfelchen für einen Abend voller fantastischer Texte und belebter Stimmung. Bei so einem Saisonstart freuen wir uns jetzt besonders auf die nächsten Veranstaltungen.
Erstellt von Gabo und BraVe | Fotos (c) Elena Sarto
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